Herzlich Willkommen auf meiner Homepage!


Kennst du das?

Du bist frisch Mama oder Papa, bist auf der Suche nach Anschluss oder einem Netzwerk, regelmäßigem Input und Zeit mit deinem Kind?

oder

Du hast das Gefühl alles in deinem Leben zu geben und es reicht nicht?

Du hast unzählige Ratschläge erhalten, Artikel gelesen und Tipps ausprobiert, die sich für dein Kind oder Dich nicht gut angefühlt haben oder deren Umsetzung einfach nicht funktionierten?

Das Verhalten deines Kindes überfordert Dich und du würdest das gerne ändern?

Es gibt bereits länger Schwierigkeiten oder akute Krisen in eurem Familienleben?

oder

Du arbeitest mit Kindern, leitest sogar eine Kita und würdest gerne festgefahrene Strukturen aufbrechen und eine souveräne und partizipative Grundhaltung etablieren?


Du möchtest Veränderung und suchst Begleitung? Dann schau Dich um, ich bin dabei!


Du möchtest Dich besser kennlernen und verstehen, dein/e Kind/er bewusster und mit innerer Kraft souverän begleiten und dabei du selbst bleiben? Dann freue ich mich, euch bei diesem Wachstumsprozess begleiten zu dürfen.

Nadine Dirscherl


Der Mensch entwickelt sich immer weiter. Zu jedem Lebensabschnitt im Leben gehört der Prozess des persönlichen Wachstums dazu. Und der ist meistens holprig. Vielleicht hast auch du gemerkt, dass du nicht "nur" ein Kind geboren hast, sondern ebenfalls zu einer neuen Version deinerselbst geworden bist und dich in dieser neuen Lebenswelt erst einmal orientieren musst.

Ich unterstütze Dich dabei mit verschiedenen Angeboten, wie dem klassischen Eltern-Kind-Kurs nach Emmi Pikler, indem du mit deinem Kind wöchentlich einen Kurs besuchst. Ich bringe immer ein Thema mit, welches auf den jeweiligen Entwicklungsstand deines Babys oder Kindes passt.

Eine individuelle 1:1 Begleitung findet in meinen Beratungsangeboten statt. Ich bin für deine Themen offen und stelle mich individuell darauf ein. Jeder Mensch hat seine eigene Belastungsgrenze, scheue dich nicht, nimm dich Ernst und gehe deinem Impuls nach, Dir Beratung zu suchen.

Supervision/Beratung für Fachpersonal in Kindertagesstätten oder Kindertagespflege ist ebenfalls ein Kernelement meines Angebotes. Mit viel Kreativität und meinem gesamten Wissen bringe ich neue Impulse in den Betreuungskontext ein, damit Pädagog:innen mit mehr Freude und Motivation, sowie einem wohlwollenden Blick auf sich selbst und den Kindern, zurück in ihre Berufung finden.

Zuletzt erarbeite ich laufend neue Workshops und Vorträge, welche ich auf Elternabenden in Kindertagesstätten oder Familienzentren durchführe. Dabei stehen die Bedürfnisse und Voraussetzungen der Beteiligten immer im Fokus.

Mein Fokus:

* die Erhaltung der psychischen Gesundheit von Kindern und ihren Familien

* die Erleichterung im alltäglichen Familienleben durch einfach umzusetzende Werkzeuge und

 * die langfristigen Stärkung der Beziehung.


Die Stärkung der eigenen elterlichen oder fachlichen Kompetenz ist ein unaufhörlicher Prozess und es gibt kein "Zu Spät", um damit zu beginnen, die Beziehung zu stärken, um zufriedener, glücklicher und stressfreier durchs Leben zu gehen.



Euch erwartet:

 * eine liebevolle und gewissenhafte Vorbereitung

*eine ruhige und vertraute Umgebung

* Sensitivität im Umgang mit den Teilnehmer:Innen

* Offenheit und Neugierde

* eine respektvolle und aufmerksam zuhörende Referentin, die mit dem Herzen dabei ist



Viel Spaß beim Stöbern,


eure Nadine


Wenn dir meine Beiträge gefallen, freue ich mich, wenn du mir auf Instagram folgst:

2021-04-07

****Trotz Phase - Achtsam miteinander in Beziehung bleiben****

12022399_1234699086555621_3777576254795563821_o.jpg****Trotz Phase - Achtsam miteinander in Beziehung bleiben****
(Nadine Dirscherl 2015 -  www.facebook.com/beziehungsvoll
)
Vor keiner Phase mögen Eltern mehr Respekt haben als vor der aus dem Volksmund bekannten, „Trotzphase“. Das Wort Trotz beinhaltet Synonyme wie Sturheit, böse Absicht, Ungehorsam, Aufsässigkeit und viele Weitere mehr.
Begriffe, die wir aus der achtsamen, wertschätzenden Beziehungsarbeit nach Emmi Pikler, oder der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg nicht kennen und somit auch nicht benutzen brauchen.
Fehlinformationen, Bewertungen von Handlungen und Personen, übernommene Menschenbilder und Haltungen, und die eigene Sozialisation prägen den Umgang vieler Eltern mit ihren Kleinkindern.
Hinzu fügt sich eine Angst, um den „richtigen“ Umgang mit den Kindern und dem Druck perfekte Erziehungsarbeit leisten zu müssen. Nicht selten impliziert dies, dass Kinder in unserer Gesellschaft zu funktionieren haben, als Beweis der eigenen Fähigkeit, alles richtig gemacht zu haben.
Ein gefährlicher Trugschluss, der nicht selten in einem Teufelskreis von Anforderung, Regression oder Aggression und Hilfslosigkeit endet, denn das Kleinkind funktioniert anders.
Das Positive daran ist, dass wir Menschen letztendlich alle den gleichen Wunsch in uns tragen:
„Alle Menschen haben Sehnsucht nach Selbstbestimmung und Selbstständigkeit und nach Kontakt und Zugehörigkeit.
Auch für Erwachsene ist es schwierig, diese unterschiedlichen Bedürfnisse auszubalancieren. Geben wir den Kleinen Zeit, diese schwierige Aufgabe zu bewältigen.“
(Autor unbekannt)
Es ist mir immer wieder ein großes Anliegen, mich diesem sensiblen Thema intensiv zu widmen. Die vielen positiven Erfahrungen, die ich machen durfte, sowie die zahlreichen Rückmeldungen anderer Eltern bestätigen mich in der Annahme, dass es sich lohnt, neue Wege zu beschreiten.***
***Wie entwickelt sich die Familie Heute***
In unserer Gesellschaft werden Kinder immer mehr zu „Exoten“. Die Geburtenzahlen sprechen ihre Sprache, Kinder werden immer früher fremdbetreut und verschwinden dadurch offensichtlich aus unserem Blickfeld.
Da es nicht mehr selbstverständlich ist, Kinder zu erleben, schwinden neben dem Wissen um kindliche Bedürfnisse, die bereits in der Schwangerschaft vom Kind eingefordert werden, auch die Akzeptanz, die „Besonderheit“ der Kinder – ihre Neugier, ihren Wissendurst, ihr Bedürfnis alles anzufassen und zu untersuchen, ihr Wunsch nach ungeteilter Zuwendung und Nähe – zu respektieren, zu verstehen und angemessen damit umzugehen.
In Büchereien findet man zahlreiche Ratgeber, für jeden Elterntypen. Bedeutsam für den Kauf eines Buches ist das Menschenbild des Einzelnen, welches sich hinter seinen Gedanken verbirgt. Manchmal mag aber auch ein Buch darüber entscheiden, wie sich ein Menschenbild entweder manifestiert oder sogar verändert.
Gonzales beschreibt dies in seinem Buch „In Liebe wachsen“. Er unterteilt die gesellschaftliche Meinung über Kinder in 2 Teile. Das „gute“ und das „böse“ Kind.
Er stellt die Frage an die Gesellschaft, ob die Kinder gut oder böse sind und möglicherweise ist der allgemeine Tenor, dass die Mehrheit der Kinder, wie auch die Mehrheit der Erwachsenen eher normal und gut seien.
Doch bereits in simplen Beschreibungen lässt sich schnell erkennen, welche vorgefertigte Meinung ein Erwachsener über ein Kind hat. Sind Kinder „Engelchen“ oder „kleine Tyrannen“; sie weinen, weil sie leiden, oder weil sie die Erwachsenen hereinlegen wollen; sie sind unschuldige Geschöpfe oder „mit allen Wassern gewaschen“; sie brauchen uns oder sie manipulieren uns. (vgl. Gonzales 2008, S. 8)
„Von dieser Auffassung hängt es letztendlich ab, ob wir unsere Kinder als Freunde oder Feinde betrachten. Für einige ist das Kind zart, zerbrechlich, hilflos, zärtlich und unschuldig. Es braucht unsere ganze Aufmerksamkeit und Fürsorge, um zu einem wunderbaren Menschen zu werden. Für andere ist das Kind egoistisch, böse, feindselig, grausam, berechnend und manipulierend. Nur wenn man von Anfang an seinen Willen bricht und ihm eine strenge Zucht auferlegt, kann man es von Lastern bewahren und in einen wertvollen Menschen verwandeln.“ (vgl. Gonzales 2008, S.8)
Ich habe diese drastischen Gegensätze gewählt, um darauf aufmerksam zu machen, in welcher Misere Eltern heute stecken. Für sie gilt es sich zu entscheiden, in welche Richtung sie gehen wollen. Denn auch sie möchten autonom handeln, sich abgrenzen, Nähe zu ihrem Kind erfahren, möglicherweise eigene Verletzungen unbewusst oder bewusst heilen, oder der Gesellschaft zugehörig sein, aber dadurch die Beziehung zum Kind, durch falsche Erwartungen oder Handlungen zu gefährden.
Seit 15 Jahren arbeite ich mit Eltern und ihren Kindern und ich beobachte selbst in diesem relativ kurzen Zeitfenster einen manchmal nicht auszuhaltenden Druck auf Eltern heute. Dieser Druck versperrt Ihnen oft die Sicht. Es erscheint ihnen unmöglich neben dem Blick auf ihr Kind, Familie, Beruf und Haushalt, achtsam auf sich zu schauen. In der Gewaltfreien Kommunikation haben wir aber die Grundannahme, dass alle Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen möchten und wir in guten Beziehungen leben können, wenn wir diese durch Zusammenarbeit statt durch aggressives Verhalten erfüllen können.
Das klingt relativ einfach, aber leider haben die meisten von uns verlernt, diese Bedürfnisse überhaupt zu erkennen, da es in unserer Kindheit noch nicht präsent war, das Menschen Bedürfnisse haben, geschweige diese denn nach außen tragen durften.
Emmi Pikler betont in ihren Texten die Fähigkeit des Säuglings seine Bedürfnisse zu erkennen und zu zeigen, vorausgesetzt der Erwachsene ist in der Lage, diese wahrzunehmen, zu spiegeln und zu erfüllen.
„Durch die Wahrnehmung seiner Bedürfnisse und durch die Äußerung hin gegebene Antwort, lernt der Säugling zum einen seine Bedürfnisse – z.B. Hunger oder Durst- zu erkennen und zum anderen, dass er selbst es ist, der hungrig oder durstig ist. Der Säugling lernt sogar, dass er selbst dazu beitragen kann, dass die unangenehmen Gefühle behoben werden, in dem er entsprechende Signale gibt, obwohl es der Erwachsene ist, der diese Spannungen letztendlich behebt.“
(vgl. Emmi Pikler, 2014, S.48)
Dies ist eine hervorragende Leistung. Der Säugling ist kompetent und fähig zu handeln, und wird dadurch autonom von der ersten Stunde an. Autonomie ist ein Grundbedürfnis. Durch ein Umdenken, nämlich dem, dass ein Säugling nicht abhängig ist und symbiotisch mit der Mutter verschmelzen muss, um sich Jahre später schmerzvoll wieder abzulösen, gelingt es uns, dass ein Säugling bereits lernen kann, für sich „zu Sorgen“, in dem wir ihm zuschauen und zuhören, ihm eine neu definierte Rolle in der gemeinsamen Beziehung zu geben.
Die Entwicklung dieser Haltung, die allein durch die Annahme der Existenz und Wichtigkeit der Bedürfnisse des eigenen Kindes und darüber hinaus der eigenen Bedürfnisse und die aller Menschen entsteht, verändert die Wahrnehmung und den Umgang in den Beziehungen miteinander. Es geht nicht mehr darum welche Weise der Bedürfnisbefriedigung den höchsten erzieherischen Wert hat, sondern um die Handlung als solche. Wie erkenne ich das Bedürfnis, welche Möglichkeiten zeigt mein Kind auf, welche Kooperationsmöglichkeiten haben sich entwickelt, wie passt das mit dem Bedürfnisempfinden des angesprochenen Elternteils zusammen und wie finden diese zu einer entsprechenden Lösung. Alle erworbenen Fähigkeiten lassen sich auf neue Anforderungen anpassen. Diese Erkenntnis ist äußerst bedeutsam. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, aber nicht unfähig, sich umzugewöhnen. Alte Verhaltensmuster können abgelegt werden. Das fällt ihm umso leichter, je größer der Erfolg ausfällt und je öfter sie wiederholt werden.
In der  Pädagogik nach Emmi Pikler bedeutet dies für mich:
1. Zuschauen, die Beobachtung frei von Bewertung wahrnehmen
2. Vertrauen, dass das Kind weiß, was es aktuell braucht
3. Kooperieren, indem der Erwachsene weiß, was das Kind kann, und in den entsprechenden Momenten die Hilfe anbietet, die das Kind braucht
4. Zeit-Sich selbst nicht verunsichern lassen, sondern am eigenen Plan festhalten, unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähig-und Fertigkeiten des Kindes, die unterschiedlich Zeit benötigen
Die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg ist ein Kommunikationsmodell (ich werde zu einem anderen Zeitpunkt genauer darauf eingehen), das vom wertfreien Erkennen der Bedürfnisse lebt.
Dies ist Grundlage um respektvoll miteinander zu kommunizieren, sowie Kooperation möglich zu machen. (vgl. Hart&Hodson, 2012)
Man geht davon aus, dass die Erfüllung oder die Nichterfüllung der Bedürfnisse (z.B. Autonomie, Einzigartigkeit, Kompetenz, Geborgenheit, Bindung, Liebe, Annahme, emotionale Sicherheit, ehrliche Rückmeldung, Rücksichtnahme, Respekt, Einbezogen-Sein, körperliche Bedürfnisse u.v.a.m.) zu bestimmten Gefühlen führen.
In der Erfüllung sind dies Gefühle wie: ausgeglichen, beschwingt, erleichtert, fröhlich, kraftvoll, neugierig, stabil, stark zufrieden, u.v.a.m., während sie in der Nichterfüllung zu folgenden Gefühlen führen können: angespannt, aufgebracht, bedrückt, empört, fassungslos, frustriert, gestresst, ohnmächtig, traurig, unglücklich, zornig, u.v.a.m. (vgl. Gefühls-und Bedürfniskarten von Herbert Warmbier)
Hier wird sehr schnell die zugrunde liegende achtsame Haltung sichtbar und die unverkennbaren Gemeinsamkeiten mit der Pädagogik nach Emmi Pikler. Bedürfnisse gibt es, sie sind existenziell und wichtig wahrgenommen zu werden. Dies heißt nicht, zwangsläufig erfüllt zu werden!!
***Achtsamer Umgang während der Ich-Ablösungsphase***
In diesem Abschnitt möchte ich darauf eingehen, was beim Kind während dieser Phase passiert.
„Das erste Planen und Wollen, sei es noch so absurd, ist der erste und wichtigste Schritt in der Entwicklung der `menschlichen Selbststeuerung.`(Schenk-Danziger, 1996, S.204)
Während das Kind im Säuglingsalter das Erkennen seiner Bedürfnisse erst noch erlernt und in Kooperation mit dem Erwachsenen gehen muss, um diese befriedigt zu bekommen, löst sich das „Ich“ des Kindes nun ab. Es erlebt sich nun neu. „Ich bin mein Körper. Mein Körper ist „Ich“. Ich nehme nun Einfluss auf das, was mich angeht.“ Das Bedürfnis der Autonomie bekommt einen neuen Stellenwert.
Es möchte die Dinge anschauen, berühren, riechen, schmecken und mit ihnen hantieren. Es möchte selbstwirksam sein. Es bildet sich dabei selbst, ohne von diesem Lernen überhaupt zu wissen. Entwicklung, Lernen und Bildung in früher Kindheit sind miteinander verwobene Prozesse.
Dabei nutzen sie jede Gelegenheit für freie Aktivitäten auch wenn das Risiko eines blauen Flecks oder einer Beule besteht.
Dabei bilden sich Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen aus.
Der Erwachsene erlebt das Kind ebenfalls in dieser sensiblen Phase neu. So ist es nicht mehr so „pflegeleicht“. Das Wort „Nein“, „Will ich nicht“ oder „Ich will aber“ u.a. fließen immer häufiger in den Sprachgebrauch ein. Je nach dem, erlebt man das Kind auch in völliger Fassungslosigkeit.
Ich möchte hier zwischen Eigensinn und „Trotzanfall“ unterscheiden, da ich hier besonders darauf aufmerksam machen möchte, wie viel Einfluss der Erwachsene mit seiner Haltung darauf hat.
***Eigensinn***
Eigensinn sagt in seinem Wortlaut schon aus, dass jemand etwas Eigenes im Sinn hat.
An einem Beispiel möchte ich erläutern, wie das in der Realität aussehen kann:
Tom entdeckt die Fernbedienung auf dem Wohnzimmertisch, die seine Mutter dort versehentlich liegengelassen hat. Zielstrebig bewegt er sich darauf zu, um das spannende Ding zu untersuchen.
Seine Mutter hat ebenfalls etwas Eigenes im Sinn, nämlich die Fernbedienung schnell in Sicherheit zu bringen.
Es gibt einige Methoden, diese Situation zu lösen. Ich beschränke mich in meinen Ausführungen auf die von mir als Nützlichste.
Die Mutter sagt Tom, was er tun soll – denn Sprache schafft Wirklichkeit!
„Ich sehe du hast die Fernbedienung in deiner Hand. Bitte gib sie mir.“ Mit einer entsprechenden Geste (vgl. Anna Tardos, S.96) unterstützt sie diese Forderung.
Eigensinn in seinem Ausdruck ist immer eine Reaktion auf eine Forderung und kann unter Umständen mit dramatischen Gefühlsausbrüchen verbunden sein.
„Sein ganzer Wille und sein ganzes Streben trachten nach sofortiger Verwirklichung der ins Auge gefassten Handlungen.“ (Kasten, 2007, S.149)
(vgl. Viernickel und Völkel, 2008, S.89)
So kann Tom in unserer Situation so reagieren, dass er die Fernbedienung feste umklammert, seinen Körper stark anspannt, mit dem Kopf schüttelt, oder ähnliches. Die Mutter beobachtet, dass Tom die Fernbedienung unbedingt behalten möchte.
Tom kämpft für die Realisierung seines Plans. Die Mutter entscheidet. Sie bietet Tom eine Möglichkeit sich zu entscheiden. Alternativ hat sie überlegt, ob sie dieser Verhaltensweise nicht zu viel Beachtung schenkt und ob sie nicht einfach abwartet, bis Tom die Fernbedienung von alleine wieder ablegt, nachdem er sie untersucht hat.
„Ich sehe, du bist sehr neugierig und möchtest die Fernbedienung unbedingt anschauen. Ich finde die Fernbedienung ungeeignet zum Spielen. Bitte gib sie mir wieder, oder lege sie zurück auf den Tisch.“ 
Erneut unterstreicht sie diesen Satz mit einer Geste. Sie gibt Tom die Möglichkeit zu entscheiden, ob er die Fernbedienung, an die Mutter zurück gibt, oder zurück auf den Tisch legt. Oftmals reicht es den Kindern, solche Möglichkeiten geboten zu bekommen, vorausgesetzt sie wachsen in einem Umfeld auf, welches geprägt ist von einem respektvollen und kooperativen Umgang. So ist Tom von Grund auf weniger angespannt und weiß, dass er woanders die Möglichkeit finden wird, Dinge zu erforschen. So weiß er auch, dass seine Mutter seine Bedürfnisse wahrnimmt, erkennt und ernst nimmt.
Zusätzlich ist das Vertrauen, welches die Mutter in Tom hat, die Fernbedienung nicht mutwillig auf den Boden zu werfen, sehr wichtig.  Und dieses Vertrauen darf man auch haben, denn Kinder möchten nicht mutwillig etwas zerstören. Sie möchten untersuchen und für sich Dinge erfahren. Reaktionen, wie Aggression sind meistens darauf zurückzuführen, dass der Erwachsene falsch interpretiert und vorschnell handelt und in seinem Handeln schon voraussetzt, dass etwas „passieren“ wird.
In diesem Beispiel legt Tom die Fernbedienung auf den Tisch, die Mutter nimmt sie und räumt diese weg.
Es empfiehlt sich, die Wohnung so einzurichten, dass man nicht damit beschäftigt ist, das Kind zu erziehen, Dinge „stehen zu lassen, „nicht anzufassen“, „nicht auszuräumen“ etc. Das widerspricht dem kindlichen Explorationsbedürfnis. Ebenso ist es hilfreich seinen Alltag entsprechend so zu planen und vorzubereiten, dass die Kinder nicht allzu stark fremdbestimmt werden und Raum finden selbstbestimmt handeln zu können.
***”Trotzreaktion-Trotzanfall”***
Die Bezeichnung ist irreführend. Wie bereits in der Einführung beschrieben, setzt dies, eine absichtliche Handlung voraus, nämlich ein Widersetzen der elterlichen Wünsche. Es handelt sich dabei aber um einen wichtigen Entwicklungsschritt.
„Trotz ist von Ungehorsam zu unterscheiden. Der Trotz erwächst aus den Spannungszuständen, die ein Kind spürt. Ein Trotzanfall baut sich allmählich auf. Er überkommt das Kind, und es ist ihm nicht mehr oder minder ausgeliefert. Der Trotzanfall hört auf, wenn sich die Spannungszustände reguliert haben.“ (Rogge, 2004, S.75)
Susanne Viernickel und Petra Völkel beschreiben das in ihrem Buch wie folgt:
Trotz ist immer eine Reaktion auf eine Forderung, mitunter auf zu viele Forderungen. Die Wut, die ein Kind empfindet, gerät außer Kontrolle.
Das Kind erlebt seinen bewussten Willen und empfindet Stolz auf seine plötzliche Eingebung – freut sich, dass seine „Idee“ so großartig funktioniert und muss feststellen, dass nicht alle mitjubeln.
(vgl. Viernickel und Völkel, 2009, S.91-93)
Zunächst reagiert es mit Eigensinn, manchmal eskaliert die Situation und mündet in einen Trotzanfall.
Was es nicht leichter macht, sind die Reaktionen darauf, die ein Kind erleben muss, weil seine Bezugspersonen aus einem Unwissen heraus handeln.
„Wer auf den Trotz des Kindes falsch reagiert, der beschwört einen Machtkampf herauf, an dessen Ende nur hilflose und ohnmächtige Verlierer und Rächer stehen.“ (Rogge, 2004, S.29)
Wie das in meinem Beispiel mit Tom aussehen würde, beschreibe ich hier:
Tom hat einen Plan. Er hat seine Eltern so oft dabei beobachtet, wie sie mit diesem Ding hantierten und der Fernseher ging dabei an. Sie haben darauf herumgedrückt und plötzlich erleuchten Bilder und Töne entstehen. Welchen Einfluss er doch plötzlich hat. Doch auf der anderen Seite steht seine Mutter und möchte das Ding wieder zurück. Warum lässt sie es nur da liegen. Es ist mir doch gerade jetzt so wichtig! Er fühlt sich in die Ecke gedrängt, handlungsunfähig, in der Kürze der Zeit kann er nicht ausführen, was er geplant hatte. Der Trotz übermannt Tom. Er ist stärker als das keimende Ich. Er ist ihm ausgeliefert.
„Es geht eine Kurzschlusshandlung einher: Das Kind strampelt, tobt, wirft sich auf den Boden, läuft weg, schließt sich ein, versteckt sich. Es rastet aus – oder wird starr und ausdrucklos.“ (Rogge 2004, S.29)
Tom verliert den Kontakt zu seiner Umwelt.
„Leider manövriert sich das Kind mit seinem Widerstand meist in eine Sackgasse, aus der es selbst nicht wieder herauskommt – schon gar nicht, wenn seine ohnmächtige Wut über ihm zusammenschlägt, seine verzweifelte Wut auf alles und jeden, das bzw. der ihn davon abhält, sein Handlungsziel zu erreichen.“ (Kasten, 2007, S.149)
Oft beschreiben Eltern den Trotzanfall so und gleichzeitig sieht man ihnen die Unsicherheit an. Sie wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen und wie sie sich verhalten hängt zwangsläufig mit dem Wissen zusammen, welches sie über diese sensible Phase haben. Sie erkennen ihr Kind nicht wieder und sind schier überfordert, mit dem was sie da mit erleben.
Der Unterschied zwischen der eigensinnigen Reaktion und einem echten Trotzanfall eines Kindes ist der, dass sich das Kind im ersten Fall an den Auslöser erinnern kann, im zweiten Fall den Kontakt zum Auslöser verliert.
„Kinder erinnern sich nach einem Trotzanfall kaum noch an das, was nur Augenblicke davor abgelaufen ist. Die fehlende Erinnerung ist nicht böser Wille, gar Verdrängung oder Verleugnung – das Kind kann sich nicht erinnern.“ (Rogge, 2004, S.82)
Das Kind erinnert sich nicht daran, wie es in diese Lage geraten ist und was eigentlich passiert ist. Daher kann es sich schlussfolgernd auch nicht „schuldig“ fühlen. Es hat nicht das Gefühl falsch reagiert zu haben. Deshalb ist es entwicklungshemmend das Kind „zur Rede“ zu stellen, nachdem es sich beruhigt hat.
***Was Kinder brauchen***
Es gibt keine Patenrezepte für Eltern und Erzieher, wenn es um das richtige Verhalten angesichts von Trotzanfällen geht. Dennoch gibt es Ansatzpunkte, die den Weg erleichtern können.
Zu Beginn habe ich viel über kindliche Bedürfnisse geschrieben. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass Eltern sich nicht dazu verpflichtet fühlen müssen, jedes Bedürfnis ihres Kindes zu erfüllen. Das darf nicht Ziel in unserer Beziehung sein. Leider beobachte ich das immer häufiger. Der Erwachsene muss sich klar darüber sein, wessen Bedürfnis gerade nach Erfüllung ruft. Ziel ist es aber, das Bedürfnis ernst zu nehmen und dann wertschätzend in Kooperation zu gehen. Manchmal, und immer öfter  müssen Dinge geschehen. So ist es ratsam, bevor man rausgeht, sich anzuziehen. Da gilt es den Spielraum zu erkennen, den man dem Kind geben kann. So gibt man ihm zwei Möglichkeiten an die Hand, aus denen es wählen kann, lässt es möglichst soviel alleine anziehen, wie es schafft. Ebenso darf man das Kind gerne immer weiter begleiten, auch durch alleiniges Zuschauen, wenn es alleine in der Lage ist, sich anzuziehen und von der Erwartung weggehen, dass es das nun auch alleine zu machen hat.
Sehr hilfreich finde ich den „Werkzeugkoffer“ von Dr. Annette Jantzen aus einem Artikel in „Mit Kindern wachsen“. Gerne übernehme ich ihren Ablauf und untermauere diesen noch mit meinen eigenen Gedanken dazu.
1. Ruhe bewahren – Tief durchatmen und einen Schritt zurücktreten. Das Kind meint es nicht persönlich und es ist seinen Emotionen ausgeliefert. Kinder brauchen Anteilnahme, Achtung, Empathie und Echtheit.
2. Keine Angst vor dem Nachgeben haben – Schwierig für Eltern, wo doch „bekannt“ ist, welche Gefahr das Nachgeben birgt. Eltern dürfen sich davon lösen und Eltern dürfen sich an manchen Stellen Erleichterung verschaffen. Wenn das Bedürfnis des Kindes viel höher zu werten ist, als das Verbot der Eltern, so ist es legitim darüber nachzudenken, dieses Verbot zu lösen. „Ich sehe, es ist dir so wichtig, heute den Bär mit in die Kita zu nehmen.“ Z.B. Es ist ein Trugschluss und ein Ammenmärchen zu glauben, dass man durch das Nachgeben ein ewig schreiendes, immer forderndes und unzufriedenes Kind bekommt. Zumindest ist dies wissenschaftlich so gut untermauert, dass man beruhigt auf diese Annahme verzichten darf. (vgl. Renz-Polster, 2012, S.25)
3. Kind und Umgebung schützen – „Wenn das Kind im Wutanfall aggressiv wird, schlägt, tritt oder Sachen wirft, nimm Opfer (z.B. andere Kinder oder dich selbst) oder gefährdete Gegenstände aus seiner Reichweite. Verurteile nicht seine Wut, sondern grenze dich nur entschieden gegen den Angriff ab.“
4. Den Naturgewalten ihren Lauf lassen – „Ihre Stärke beweisen Eltern und ErzieherInnen, indem sie während eines Trotzanfalls präsent, aber passiv bleiben, bis sich das Kind beruhigt.“ (Kasten, 2007, S.150)
Das Kind braucht Zeit, um seine Gefühle auszuleben. Je nach Charakter des Kindes geht man weiter vor. Manche brauchen Trost und Nähe, andere möchten keinen Körperkontakt. Sätze wie „wein doch nicht“ sind wenig hilfreich. Eltern müssen lernen, dies auszuhalten, vor Allem in der Öffentlichkeit. Das hat nichts mit Erziehung zu tun, das ist eine Entwicklungsphase, und niemand ist Schuld.
5. Trösten, Liebhaben und was Schönes zusammen machen – Nichts geschieht absichtlich oder mutwillig. Das Kind ist wahrscheinlich noch geschaffter als der Erwachsene und braucht keine Fortsetzung des Streits. Das Kind in den Arm nehmen und ihm sagen, dass man es lieb hat, kann alle Beteiligten wieder in Beziehung bringen.
***Fazit***
Wenn wir Erwachsene uns neue Geräte kaufen, so benutzen wir immer gerne eine Bedienungsanleitung, um angemessen, damit umzugehen. Nun ist das ist mit den Bedienungsanleitungen in Beziehungen immer eine Sache. Es gibt nicht die richtigen Knöpfe, die wir drücken müssen, und es läuft reibungslos ab. Aber trotzdem können wir auch unsere Beziehung warten und pflegen und somit zu einem qualitativ langen Erhalt gelangen.
So ist es gerade in der Ich-Ablösungsphase bedeutsam, prophylaktisch zu handeln, und nicht erst dann, wenn es bereits zu spät ist.
So ist es ratsam „Trotzanfälle“ zu vermeiden. Kinder werden nicht verzogen, grenzenlos oder verwöhnt, wenn Eltern typische Situationen umschiffen. Kinder wollen Eindeutigkeit. Forderungen klar formulieren in einer positiven Sprache. Möglichst wenige Verbote und viele „Jas“ vereinfachen das miteinander und bauen Spannungen ab.
Das Kind ernst nehmen hat höchste Priorität. Verbote sollen klar und verständlich für das Kind erklärt werden und seine damit verbundenen Gefühle dürfen sein und auch zum Ausdruck gebracht werden.
Kinder wollen mitentscheiden und selber machen. Zu viele Möglichkeiten können es überfordern und zu große Entscheidungen muss auch mal der Erwachsene treffen.
Kindern wollen miteinbezogen werden.
Kinder wollen vorbereitet sein. Mehrmaliges Wiederholen erleichtert dem Kind, Dinge einzuordnen und auf lange Sicht einzuschätzen.
Fallen wie: Hunger, Müdigkeit und Überreizung müssen ausgeschaltet sein. Ebenso die Ansprüche an das Kind runtergeschraubt werden.
Ein „Nein“ vom Kind bedeutet oft Aufschub. Geben wir dem Kind Zeit, seine Entscheidung zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern.
(vgl.  Mit Kindern wachsen, Januar 2015, S.5)
***Danke fürs Durchhalten 🙂 … besucht doch gerne einen Elternabend zu diesem oder einen anderen Thema! ***
Bis bald!
#Autonomiephase #Trotzen #Beziehungsarbeit #Wutanfälle

Admin - 17:59:48 @


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